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Plakat zu den öffentlichen Vorträgen der »FilmZeit«-Vorlesung (SoSe 2017) zum Download:
FilmZeit-Plakat_2017.pdf (5,8 MB)

 

Vorlesung
»FilmZeit – Zeitdimensionen des Films« (SoSe 2017)

Ort: Universität Kassel, Holländischer Platz, Diagonale 3, Hörsaal II
Zeit: Do., 14–16 Uhr, SoSe 2017
Organisation: Prof. Dr. Stefanie Kreuzer


Das Phänomen Zeit spiegelt sich im Film sowie in der Filmgeschichte in unterschiedlichen Dimensionen wider. In Anlehnung an Gérard Genettes narratologischen Ansatz werden in der Vorlesung Zeitdimensionen des Films an ausgewählten Beispielen vorgestellt. Ein Fokus wird dabei einerseits auf Zeit-Darstellungen im Film und anderer­seits auf zeitlichen Aspekten des Films liegen. Ziel ist es, eine ästhetische Eigengesetzlichkeit sowie eine spezifische Zeitlogik filmischen Erzählens herauszustellen.

›Zeit im Film‹ umfasst die Darstellung verschiedener vergangener, möglicher wie unmöglicher oder zukünftiger Zeit(en) im Film. Zeit kann als subjektive Erlebnisqualität dargestellt oder auch als lineare und objektivierbare Größe thematisiert werden. Verschiedene Filmgenres weisen prototypisch einen unterschiedlichen Umgang mit Zeitdarstellungen auf – angeführt seien etwa Historien-, Action- und Dokumentarfilme, Krimis oder Romanzen, Science-Fiction- und Fantasyfilme, Operettenfilme oder Musikvideos.

›Filmzeit‹ verweist hingegen auf die Eigenzeit des Films mit ihren kinematographischen und filmspezifischen Kodes. Der Film gilt für gewöhnlich als narratives Medium mit einem herausragenden Potential, zeitdeckend zu erzählen und den Eindruck einer zeitlichen Authentizität und Wirklichkeitsechtheit zu erzeugen. Gleichzeitig funktioniert Zeit im Film jedoch auch nach eigenen Regeln. Mögliche Themenkomplexe in diesem Kontext sind ›Echtzeit‹, Zeitraffer und Zeitlupe; zeitliche Simultaneität (vgl. Parallelmontage, Split-Screen-Technik); Anachronie und Achronie; Montage, Schnittfrequenz, Formalspannung; technische Funktionsweisen und Möglichkeiten des filmischen Mediums (vgl. früher Film, Timeslice); ›Zeit-Bild‹ versus ›Bewegt-Bild‹ (Gilles Deleuze) oder immersives Filmerleben (vgl. 3D-Filme, Videospiele).

Im Rahmen der Vorlesung werden drei öffentliche Gastvorträge stattfinden. Die Vortragenden sind Prof. Dres. Britta Hartmann (Bonn) und Susanne Marschall (Tübingen) sowie Dr. Stefan Tetzlaff (Münster).



Öffentliche Gastvorträge

1. Juni 2017 – Dr. Stefan Tetzlaff (Münster):
»Der Chronotopos der Zeitreise. Zeit-Raum-Korrespondenzen im Sinne Bachtins auf der Ebene filmischer Verfahren in Zeitreisefilmen«

Abstract:
Bachtins Konzept des Chronotopos wird regelmäßig bescheinigt, so illuster wie unbeforscht zu sein. Und auch wenn sich durchaus Studien zu Literatur und Film finden, die den Chronotopos-Begriff erproben, steht deren Zahl in keinem Verhältnis zu prominenten Konzepten wie Foucaults Heterotopie oder generell Räume des Dritten. Dies liegt in beträchtlichem Maße an der (evtl. bewusst gestreuten) Breite der verschiedenen Definitionen, die Bachtin selbst in seiner Studie gibt.

Der Vortrag soll das Konzept in einer struktural-narratologischen Lesart schärfen und am Beispiel eines Sujets konkretisieren, das in der Literatur eher marginal, im populären Film hingegen prominent auftritt: die Zeitreise. Die Frage, über welche Verfahren die Abbildung von Zeit im Raum vollzogen wird und wie dieser Bezug im filmischen Text Bedeutung generiert, erweist den Chronotopos der Zeitreise als tendenziell selbstreflexiv. Dementsprechend werden zentrale Topoi wie die Heldenreise und der Doppelgänger aus ihrer klassischen Sujettradition gelöst und zur Reflexionsfigur filmischen Erzählens.

Literatur - und Filmhinweise:
Michail M. Bachtin: Chronotopos. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008.
Da der Vortrag keine Detaillektüre eines bestimmten Films anstrebt, sondern die Rekurrenz bestimmter Denkfiguren in Zeitreisefilmen insgesamt in den Blick nimmt, empfiehlt sich kein bestimmter Film als ›Vorablektüre‹ (ggf. die Verfilmung von H. G. Wells’ The Time Machine [1960]).

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13. Juli 2017 – Prof. Dr. Britta Hartmann (Bonn):
»›Kinder, wie die Zeit vergeht!‹ Dokumentarische Langzeitstudien und Boyhood (USA 2014)«

Abstract:
Neben den bekannten Langzeitstudien wie Winfried und Barbara Junges Chronik der Kinder von Golzow (1961–2007, insg. 20 Filme), Volker Koepps Wittstock-Zyklus (sieben Filme zwischen 1975 und 1997), Hans-Dieter Grabes Fernsehdokumentarfilmreihe über den vietnamesischen Jungen Do Sanh (fünf Filme zwischen 1970 und 1998) oder auch Berlin. Ecke Bundesplatz von Detlef Gumm und Hans-Georg Ullrich (1986–2012, insg. 21 lange Filme) sind in Deutschland eine Vielzahl dokumentarischer Projekte realisiert worden, die ihre sozialen Akteure über eine lange Zeitspanne begleiten. Die Filme halten das Vergehen von (Lebens-)Zeit fest, sie zeigen die Spuren des Lebens in den Gesichtern der Menschen. Sie fragen nach den Ursachen und Wirkungsmechanismen biografischer Verläufe, dokumentieren Krisenmomente und Strategien ihrer Bewältigung oder auch Scheitern und sozialen Abstieg, sie zeichnen die Auswirkungen von historischen Umbrüchen auf das Leben des Einzelnen nach, stellen das Leben der gefilmten Subjekte in einen gesellschaftlichen Rahmen und liefern so Beiträge zur Soziologie des Lebenslaufs, zur Ethnografie des Alltagslebens und zur Geschichtsschreibung ›von unten‹.

Der Vortrag arbeitet die Bedeutung des Faktors ›Zeit‹ in dokumentarischen Langzeitstudien heraus und zeigt, wie das Interesse am Sichtbarmachen von Zeit und Vergänglichkeit und die nach vorne offene Dramaturgie, die allen dokumentarischen Projekten gemeinsam sind, umgesetzt werden in Richard Linklaters Langzeitexperiment Boyhood (USA 2014), bei dem der Fortgang der Erzählung auch insofern unbestimmt war, als dass die Regie nicht erahnen konnte, wie sich die Lebensumstände, die Gesichter und Körper der Schauspieler verändern würden und welche Rückkopplungseffekte für die Figuren und deren Entwicklung sich daraus ergeben. Gefragt werden soll auch nach Melancholie als affektiver Ausrichtung der Filme.

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20. Juli 2017 –  Prof. Dr. Susanne Marschall (Tübingen):
»Lost in Time and Space. Serielle Erzählung zwischen Apokalypse und narrativer Bruchlandung«

Der Vortrag widmet sich dem Wechselspiel von Seriellem Erzählen und Zeit am Beispiel der extrem verschachtelten Serie Lost (USA 2004–2010). In Anlehnung an das künstlerische Konzept des ›Non Finito‹ soll verdeutlicht werden, welche Erzählstrategien und Elemente vonnöten sind, um eine auch transmedial produktive Serie auf dem Niveau von Lost zu konzipieren. In diesem Kontext werden verschiedene Faktoren untersucht: zum Beispiel die Produktionszeit, die Länge von über 100 Stunden non-linear aufgebauter Serienerzählung, der lineare Rezeptionsvorgang, der Versuch des Publikums, die dichte Textur der Serie zu verstehen oder durch eigene Texte und Bilder zu erweitern, aber auch Motivketten und intertextuelle, intermediale Verweise auf andere Medientexte.

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